Wir alle haben ganz viel Wissen und Erfahrungen. Wir sind alle Expert:innen für unsere eigene Umgebung und für unseren Alltag. Dieses Wissen miteinander zu vernetzen ermöglicht es uns, nachhaltige Ideen und Lösungen zu entwickeln. Und gleichzeitig lernen wir dabei voneinander. Um unsere gemeinsame Schwarmintelligenz zu aktivieren müssen wir Barrieren in unseren Köpfen, aber auch ganz real in Form von Straßen und Zäunen in der Nachbarschaft teilweise rückbauen und Dinge wieder miteinander in Beziehung setzen, Es muss nicht jedes Projekt und jede Idee bis zum gewünschten Ende durchdacht sein - wichtig ist, einen Anfang zu finden und loszulaufen.
Nur ein sehr kleiner privilegierter Teil der Gesellschaft ist aktuell an Konzepten zur Bewältigung vieler Krisen beteiligt. Die meisten Berufspolitiker*innen, die entscheiden, gehören zur Mittelschicht, dem sogenannten “Bildungsbürgertum”, und auch der zivilgesellschaftliche Aktivismus ist stark geprägt von Menschen, die sich dieses Engagement “leisten” können. So fehlt bei momentanen Lösungsansätzen wichtiges Erfahrungswissen von Menschen, die im aktuellen politischen System die negativen Auswirkungen der Krisen am stärksten zu spüren bekommen, aber an der Lösungsfindung nicht beteiligt sind. Somit laufen viele Projekte an den Bedürfnissen gerade sozial und finanziell schwächerer Gruppen vorbei, und Antworten auf Krisen, die gerade diese Gruppen fördern würden, gehen verloren.
Die Lebensrealitäten und Erfahrungswerte von Menschen, die häufig ausgegrenzt und an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden, sind unerlässliche Ressourcen. Jeder Mensch ist auf seine Art Experte und Expertin seiner und ihrer eigenen Lebenssituation. Dieses Expertinnenwissen ist ein Schatz - unsere Schwarmintelligenz - den wir für ganzheitliche Lösungen nutzen sollten.
Zum Beispiel werden praktisches Wissen und Erfahrungswissen generell in unserer Gesellschaft nicht ausreichend gewürdigt. Auf der anderen Seite gibt es Vorbehalte von Praktikern gegenüber den studierten Menschen. Die Nachbarschaft kann ein Ort sein, an dem dieser nicht hilfreiche Gegensatz aufgelöst wird. Wo die Fähigkeit, eine Planung für ein Straßenfest zu erstellen, mit der Fertigkeit, Marktstände aufzubauen, als gleichermaßen wichtig und wertvoll empfunden wird.
Um die vielen verschiedenen Wissensschätze zusammenzubringen, braucht es produktive und öffentliche Begegnungs und Lernorte. Hierbei ist das Motto: beim Machen lernen. Also nicht lange überlegen, sondern einfach loslegen und das Wissen von Vielen währenddessen integrieren. Wenn wir etwas genauer wissen oder lernen wollen, sollten wir online oder in lokalen Bibliotheken zur Orientierung nachlesen und bei Fachpersonal in Forschungseinrichtungen und Geschäften oder Bekannten um Hilfe bitten. Und für mehr Verständnis und Respekt füreinander können wir Bildungs- und/oder Sprachgruppen organisieren, in denen Nachbarn Wissen und Fähigkeiten aus Praxis oder Wissenschaft aber auch ihren eigenen Lebenserfahrungen teilen. Um mit unseren Nachbarschaftsprojekten viel zu bewirken, bietet es sich an, eng mit Schulen und Volkshochschulen zusammen zu arbeiten. Alle Bildungseinrichtungen sollten hierbei Begegnungszonen zu ihrem nachbarschaftlichen Umfeld in Form von gemeinsamen grünen Arbeits- und Lernorten ins Leben rufen. Natürlich aber auch mit anderen öffentlichen Einrichtungen, wie Pflegeheimen, Kitas, oder Hospizen. Solche Institutionen können helfen, Projekte wie Lesepatenschaften oder thematische Bildungscafés zu realisieren, von denen alle Generationen profitieren.
Alles was wir als Menschen uns direkt angucken und sehen können, fällt uns leichter zu verstehen. Lasst uns deshalb eine Gemeinschaft formen, in der Bildung und Praxis ein im öffentlichen Leben sichtbarer Grundpfeiler des Zusammenlebens sind.
Forderung an Politik und Verwaltungen
Unterstützt den kollektiven Wissensaufbau in den Nachbarschaften in Form von Austauschs- und Bildungsformaten und durch finanzielle Unterstützung.
Es braucht andauernde und alltagstaugliche Kanäle, Beteiligungen und Kooperationen, damit das Wissen von Nachbar:innen in laufende Planungen von Politik und Verwaltung Eingang findet. Hierfür soll an nachbarschaftlichen Alltagsorten aber auch in praktischem Zusammenarbeiten an gemeinsamen Aktionen für unsere Nachbarschaft Wissen, aber auch Tatkraft von uns Nachbar:innen Eingang finden.
Wir fordern den Ausbau und die Förderung von Bildungsangeboten zur Unterstützung des lebenslangen Lernens für alle, unabhängig von Alter, Geschlecht, Herkunft und Bildungsstand. Ein Schwerpunkt soll hierbei auf den aktions- und projektorientierten Lernformaten liegen.
©Urheberrecht. Alle Rechte vorbehalten.
Wir benötigen Ihre Zustimmung zum Laden der Übersetzungen
Wir nutzen einen Drittanbieter-Service, um den Inhalt der Website zu übersetzen, der möglicherweise Daten über Ihre Aktivitäten sammelt. Bitte überprüfen Sie die Details in der Datenschutzerklärung und akzeptieren Sie den Dienst, um die Übersetzungen zu sehen.