6.
Gemeinsame Infrastruktur aufbauen

Je besser unsere lokale Infrastruktur ist, desto höher ist unsere Lebensqualität. Häufig kann der Staat nicht alleine entscheiden, welche Infrastrukturen wir für ein besseres Miteinander in der Nachbarschaft benötigen. Es braucht Druck und Mitsprache von uns Nachbar:innen und eine klare Ansage, was wir für eine gut organisierte, gerechte und nachhaltige Nachbarschaft alles brauchen. Dazu müssen wir uns selbst darüber im Klaren sein, wo wir Unterstützung benötigen und wo wir besser etwas selber organisieren, entwickeln und bauen. Wir können schneller, flexibler und fehlertoleranter als der Staat sein, müssen uns dann aber auch die Mühe machen. 

Erläuterung

Unser gemeinsamer nachbarschaftlicher Luxus ist unsere gemeinsame Infrastruktur. Sie versorgt uns mit essentiellen Gütern und Dienstleistungen. Leider vernachlässigt unser Staat diese. Doch welche Infrastrukturen haben wir überhaupt und fehlen uns in der Nachbarschaft?

 

Wir haben Deutschland um den Individualverkehr statt um den Menschen herum gebaut. In ländlichen Einfamilienhaus-Gegenden kann man ohne Auto nicht mehr leben, die Strecken zum Einkaufen sind fast immer zu weit und Läden des täglichen Lebens vor Ort fehlen. Innerstädtisch wiederum dominieren Straßen und 23 Stunden am Tag parkenden Autos das Stadtbild. Vieles, was wir zur Versorgung, wie Energie und bezahlbaren Wohnraum, aber auch ausreichend Grünflächen, Läden und soziale Gemeinschaftsräume im Umfeld brauchen, gibt es heute nicht mehr. Wir müssen das, was wir bereits alles im gebauten Bestand an Infrastruktur haben, effizient umbauen. Anstatt mit gestrigen überholten Denken Fehler zu wiederholen.

 

Es braucht Veränderung und mehr finanzielle Mittel im Straßenbereich, um Fuß-und Radweg, ÖPNV und ländliche Mobilitätsangebote anzubieten; um gepflasterte Flächen - auch Innenhöfe - zu entsiegeln Grünflächen, Miniwälder, naturnahe Gewässer und Versickerungsflächen zum Hochwasser- und Hitzeschutz anzulegen.  Jeden Tag werden 52 Hektar unversiegelt Fläche in Deutschland für neue Siedlungs- und Verkehrsfläche zur Bebauung freigegeben, anstatt existierende Brachflächen neu zu nutzen oder bestehende Gebäude umzunutzen. Dadurch werden Landflächen zersiedelt,  und Umwelt und Natur zerstört und das  massive Artensterben weiter fortgesetzt. Eine Zunahme versiegelter Flächen bedeutet auch wieder mehr Geld zur Instandhaltung. Dagegen können wir alle etwas tun. 

 

Wir als moderne Nachbarschaft können dabei mithelfen mit urbanen Gärten, die Artenvielfalt zu fördern, Gemüse gedeihen zu lassen und Treffpunkte des nachbarschaftlichen Miteinanders zu schaffen.

 

Der Umbau zur nachhaltigen Energieproduktion sowohl von Strom und Wärme ist bereits in vollem Gang. Für die nachbarschaftliche Energieproduktion können wir uns in Genossenschaften organisieren, um eigene Nahwärmenetze aufzubauen und gemeinsam Strom (Solar, Wind) zu produzieren. Energieproduktion ist in nachbarschaftlicher Hand günstiger und lässt sich solidarischer organisieren. Wir sparen also Geld, sind unabhängig von Fernwärme oder teurer eingekauftem Strom. Um hier zu starten braucht es von uns Nachbar:innen z.B. die planerische Anstrengung, in geeigneten Zusammenhängen alle Häuser energietechnisch miteinander zu verbinden um sie z.B. mit einer Großwärmepumpe oder Geothermie selber zu versorgen oder gemeinsamen Strom durch Wind und Sonne zu erzeugen. 

Öffentliche Orte wie Schulen, Bibliotheken und Schwimmbäder sind teilweise marode oder veraltet, Spielplätze und Orte für Jugendliche fehlen manchmal komplett. Deutschland ist an vorletzter Stelle in Europa, wenn es um die Investitionen pro Kopf  in die Infrastruktur geht. Alten- und Pflegeheime, Heime für Geflüchtete oder behinderte Menschen  sind häufig nicht in die Nachbarschaft integriert, sodass Menschen aus dem nachbarschaftlichen Leben ausgeschlossen werden. 

 

Wir wissen, dass Stadt und Dorf das gebaute Abbild der Gesellschaft sind. Und wenn es hier an wertvollen Gemeinschaftsräumen mangelt, mangelt es der Gesellschaft auch an qualitativer Gemeinschaft. Das wollen wir ändern.

 

Ziel ist es, im unmittelbaren Wohnumfeld alles vorzufinden, was wir für den Alltag brauchen. Zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit den Öffis (hierzu zählen auch Mietautos). Dies gilt für Stadt und Land gleichermaßen. Es ist sinniger, effizienter und günstiger, das Leben und die Umgebung um den Menschen und seine Bedarfe herum umzubauen, als um das Auto und die Bedürfnisse großer Handelsunternehmen. Das bedeutet Verkehrsberuhigung und kleinere Versorgungszentren innerhalb von  Nachbarschaften anstatt riesiger Einkaufsparks. 

Wir werden nur nachhaltige Ideen, wie Dorfläden, Solarparks, Nahwärmenetze, Kulturscheunen für unser Dorf oder unsere Nachbarschaft finden, wenn wir aufhören, autozentriertes Denken, Planen und Bauen fortzusetzen und aufwändig in Stand zu halten. 

 

Hierfür brauchen wir für uns qualitativ hochwertige Treffpunkte und Versorgungszentren mit sozialen Diensten in allen Nachbarschaften, die zum Verweilen, Miteinander sein und sich organisieren einladen. Oasen, wo wirklich große Teile der Gesellschaft zusammenkommen können und wo Menschen in ihrem Alltag unmittelbar vorbeikommen: Draußen auf schönen Dorfplätzen mit selbst gebauten Info-Punkten, Nachbarschafts-Spielstraßen, biodiversen Wildblumenwiesen oder Anbauflächen, Gemeinschaftsgärten, Dachterrassen oder einfach als Tische, Bänke oder Liegen. Oder drinnen in Gemeinschaftsküchen, Gemeinschaftshäusern mit großen Sälen für Veranstaltungen und Feiern, sowie kleinen Räumen für Beratungsangebote und zum konzentrierten Arbeiten oder Lernen. Um mit einem ersten Treffpunkt in der Nachbarschaft zu starten, reicht erstmal ein Tinyhouse, Container oder Anhänger. 

 

Bei vielem müssen wir mit dem Staat zusammenarbeiten, doch bei etlichen können wir direkt selber loslegen. Und jede kleine erfolgreiche Änderung führt zu spürbaren realen und häufig auch jeden Tag sichtbaren Änderungen vor unserer Haustür. 

6.
Nachbarschaftliche Infrastruktur ermöglichen

Forderung an Politik und Verwaltungen

Wir fordern die Schaffung von Infrastrukturen, die von der Verkehrsplanung über Klimaanpassung und soziale Diversität bis hin zur regionalen Wertschöpfung auf der Ebene der Nachbarschaften ansetzen. In Form eines Transformation-Büros, welches die Um- und Aufbauprozesse koordiniert und Ansprechperson für Verwaltung und Zivilgesellschaft ist.  Sie müssen das Wohl aller Bewohner:innen zum Ziel haben und das gemeinschaftliche Mitgestalten einer lebenswerten Nachbarschaft proaktiv fördern. Das heißt, es braucht Expertinnen und Ansprechpartner für Partizipation und Aufklärung über Gemeinwohl fördernde  Maßnahmen und Aktionen. 

 

Wir fordern ein Ende des Investitionsstaus des nachbarschaftlichen Gemeinwohls der letzten Jahrzehnte. Darüber hinaus soll der ÖPNV, Fuß- und Rad-Infrastruktur massiv ausgebaut werden, da er die Unabhängigkeit aller stärkt. Hier bedarf es großer strategischer Investitionen mit Tempo. Hier zu bremsen, macht das Land und unsere Nachbarschaften kaputt. Das Bauen auf der grünen Wiese muss unterbunden und nur in Ausnahmefällen zugelassen werden. Und laufende Planungen die Nachbarschaft betreffend sollen niedrigschwellig, transparent und übersichtlich dargestellt werden. 

©Urheberrecht. Alle Rechte vorbehalten.

Wir benötigen Ihre Zustimmung zum Laden der Übersetzungen

Wir nutzen einen Drittanbieter-Service, um den Inhalt der Website zu übersetzen, der möglicherweise Daten über Ihre Aktivitäten sammelt. Bitte überprüfen Sie die Details in der Datenschutzerklärung und akzeptieren Sie den Dienst, um die Übersetzungen zu sehen.